Motor der deutschen Wirtschaft

(20.08.2014)

Bekanntlich repräsentiert der Mittelstand mehr als 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland. Jeder zweite Euro wird dort erwirtschaftet und 80 Prozent unserer Ausbildungsplätze werden bereitgestellt. Der Mittelstand ist der Motor der deutschen Wirtschaft. Er trägt einen großen Teil der Steuerlast und sorgt mit seinen Beiträgen für die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme. Ohne Mittelstand gibt es keine Rentenversicherung, kein leistungsfähiges Gesundheitswesen und die Pflegeversicherung wäre schon längst nicht mehr tragbar.

Dabei wirkt der Mittelstand weitgehend im Stillen und unbemerkt von der großen Öffentlichkeit. Die in kleinen und mittleren Unternehmen tätigen Menschen erfüllen gewissenhaft und fleißig ihre Aufgaben, die Führungskräfte übernehmen Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese bedeutende Leistung verdient gesellschaftlichen Respekt und Anerkennung. statt pauschalem Misstrauen, dem Unternehmertum in Deutschland häufig nach wie vor ausgesetzt ist. Und der Mittelstand braucht wettbewerbsfähige politische Rahmenbedingungen. Was verteilt werden soll, muss schließlich erst einmal erwirtschaftet werden. Anstatt beispielsweise die gut gefüllten Rentenkassen für eine Senkung der Beiträge zu nutzen, überdehnt die Politik mit vermeintlich sozialen Wohltaten wie der Rente mit der 63 und der Mütterrente den Wohlfahrtsstaat und gefährdet die Zukunftschancen nachfolgender Generationen.

Die abschlagsfreie Rente mit 63 wird nicht nur die Rentenkassen bis 2030 mit mindestens 33 Milliarden Euro belasten. Sie verschärft auch die große Sorge der kleinen und mittleren Unternehmen um geeignete Fachkräfte. Denn in den kommenden zehn bis zwölf Jahren wird das Erwerbspersonenpotenzial in Millionenhöhe abnehmen. Das Halten älterer Arbeitnehmer ist mittlerweile ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Mangel an qualifiziertem Personal. Statt der starren Rente mit 63 benötigen wir flexible Regelungen für den Ruhestand. Auch die derzeit diskutierte Einführung einer PKW-Maut würde gerade den Mittelstand besonders hart treffen. Gutachter prognostizieren, dass der bürokratische Aufwand zur Erhebung der Maut rund 30 Prozent der kalkulierten Einnahmen von 200 bis 250 Millionen Euro verschlänge. Bei einer möglichen Ausweitung der PKW-Maut auf leichte Nutzfahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen wären wieder einmal die kleinen und mittleren Betriebe im Visier der staatlichen Besteuerungspolitik. Denn diese Fahrzeuge nutzen vorwiegend Handwerksbetriebe.

Deshalb sollte auf die Erhebung dieser provinziellen PKW-Maut konsequent verzichtet werden. Bereits heute zahlen die Kraftfahrer rund 53 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben an den Staat. Davon muss deutlich  mehr als bisher zweckgebunden in den Straßenbau zurückfließen. Denn die marode Verkehrsinfrastruktur vor allem im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stellt eine weitere Belastung für kleine und mittlere Unternehmen dar.

Die Politik in Deutschland darf angesichts der guten wirtschaftlichen Lage in unserem Land nicht in gefährliche Selbstzufriedenheit verfallen. Die scheinbaren sozialen Wohltaten, die momentan die politische Agenda in Deutschland bestimmen, blenden die eigentliche Herausforderung aus, unsere strukturelle Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Die Menschen in Deutschland, Unternehmer und Verbraucher, können und wollen Verantwortung übernehmen – für sich selbst, für ihre Familie, für die Gesellschaft und für die Wirtschaft. Sie brauchen keinen Staat, der sie permanent ans Händchen nimmt. Was wir brauchen, ist vielmehr eine Politik, die den Menschen mehr zutraut. Überzogene wohlfahrtsstaatliche Strukturen schwächen letztlich genau diejenigen in unserem Land, die beherzt die Initiative für sich selbst und andere ergreifen wollen. Der deutsche Mittelstand gehört dazu.

Dr. Gerhard Papke
Vizepräsident des Landtags Nordrhein-Westfalen

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