Boomregion Vilshofen

(14.07.2008)
Vom Zonenrandgebiet zum Mittelstandsparadies: Vilshofen an der Donau war Gastgeber einer Regionalkonferenz der Oskar-Patzelt-Stiftung

Es war 10:00 Uhr morgens an diesem 3. April 2008, einem regnerischen Donnerstag. Im historischen Ratszimmer der Stadt Vilshofen, die seit 2005 den Beinamen „an der Donau“ trägt, waren etwa 70 Gäste eingetroffen.
Vorwiegend Unternehmer aus Ost- und Nordbayern, die in diesem Jahr zum Wettbewerb „Großer Preis des Mittelstandes“ nominiert wurden. Einige Gäste sind bereits Preisträger oder Finalisten des Wettbewerbs. Sie kamen aus acht verschiedenen Bundesländern: Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Fernsehkameras wurden in Position gebracht, Fotoapparate blitzten, Interviews wurden mitgeschnitten.

Festredner

Einige Gäste in der ersten Reihe eröffnen als Festredner eine Regionalkonferenz der Oskar-Patzelt-Stiftung in Niederbayern: Der zukünftige 1. Bürgermeister Georg Krenn, der stellvertretende Landrat Walter Taubeneder, Dr. Jürgen Weber als Vertreter der Regierung von Niederbayern, Franz Prebeck, Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz und Martin Frank, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Niederbayern. Übereinstimmend hoben die Redner hervor, was anschließend Pressesprecher Albert Asen in einem Imagefilm der Stadt Vilshofen a. d. D. präsentierte: Hier hat der unternehmerische Mittelstand, hier haben die kleinen und mittleren Firmen der Region eine Heimat.

Bürokratiefreie Zone

Eine Heimat, in der es Spaß macht, unternehmerisch tätig zu sein, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, sich ums Gemeinwohl, um die soziale und kulturelle Entwicklung der Region zu kümmern. Eine Heimat, der es bewusst ist, dass eine Region nicht dann reich wird, wenn sie ihre Bürger mit überzogenen Steuern, Abgaben und Restriktionen behindert, sondern wenn sie unternehmerische Talente nach Kräften fördert.

Nicht umsonst wurde die Stadt Vilshofen ausgezeichnet mit dem Bayerischen Qualitätspreis 2007 für Wirtschaftsfreundlichkeit und vom örtlichen Fernsehsender vof-tv  nominiert zur „Kommune des Jahres“. Sichtlich stolz äußerte der Bürgermeister: „Unser Rathaus ist eine bürokratiefreie Zone!“

An der Wand des historischen Sitzungszimmers zeigen jahrhundertealte Gemälde Handel und Wandel der Region am Rande des südlichen Bayerischen Waldes, dort wo Vils und Wolfach in die Donau münden, 20 Kilometer flussaufwärts von Passau. Seit jeher wohnen hier fleißige, redliche Menschen, die mit Gewerbe und Handel neben ihrem Lebensunterhalt die kulturellen und baulichen Reichtümer der Region schufen. „Diese Traditionen sind stets lebendig geblieben. Mit diesen aktiven Lebenshaltungen, mit Tatkraft und Ideenreichtum und der Fähigkeit zur Kooperation haben die Bürger immer wieder schwierige Situationen gemeistert“, lobte Dr. Helfried Schmidt von der Oskar-Patzelt-Stiftung in seinem Grußwort.

Entscheidung in drei Tagen

Schwierige Situationen gab es auch in jüngerer Zeit genug. Im letzten Jahrhundert war Vilshofen als Zonenrandgebiet im Dreieck zu Tschechien hinter dem Eisernen Vorhang und zum Nicht-EU-Mitglied Österreich keine Boomregion. Erst der Fall der Mauer 1989 erlaubte einen neuen Aufschwung – bis im Juli 2000 mit der Fusion der Bayernwerk AG und der Preußen Elektra zum größten privaten Energieversorger Europas E.ON das ansässige Ölkraftwerk stillgelegt wurde.

Von heute auf morgen verlor die Stadt Vilshofen ihren größten Gewerbesteuerzahler. Vilshofen setzte mit aller Konsequenz auf den ansässigen Mittelstand. Als die Fensterfabrik W. Niederhofer im Jahr 2004 einen neuen Gewerbestandort brauchte, fiel die Entscheidung in nur drei Tagen, und bereits ein Jahr später standen die neuen Produktions- und Servicegebäude.

„Der Bürgermeister hat uns selbst bis ins Landratsamt begleitet und alle Hürden aus dem Weg geräumt“, erinnerten sich Wolfgang und Heidi Niederhofer, deren Familienunternehmen im vergangenen Jahr als Finalist im Wettbewerb „Großer Preis des Mittelstandes“ ausgezeichnet wurde.

Arbeit schafft Wohlstand

Mit der Einführung von Hartz IV blähte die hohe Zahl ehemaliger Sozialhilfeempfänger die Arbeitslosenquote in Vilshofen auf 14,5 Prozent auf. Innerhalb von nur zwei Jahren konnte die Quote wieder auf 5,6 Prozent gesenkt werden! Und zwar nicht mit staatlichen „Programmen“ zu Lasten Dritter, sondern mit florierenden kleinen und mittleren Unternehmen.

Platz für Unternehmen

Denen werden hier im wahrsten Sinne des Wortes die Wege geebnet. So hält jede Kommune des Landkreises Passau Gewerbegrundstücke für wachsende ansässige Unternehmen und Neuansiedlungen vor. „Als ich für unseren Neubau ein Grundstück von 4?000 Quadratmeter brauchte, wurde mir in Brandenburg ‚NEIN’ gesagt. Ich müsste schon mindestens 6?000 Quadratmeter nehmen“, berichtete eine Unternehmerin beeindruckt. „Mit dem ‚Großen Preis des Mittelstandes’ trägt die Oskar-Patzelt-Stiftung zur öffentlichen Würdigung des Mittelstandes als Hoffnungsträger und Wirtschaftsfaktor bei. Der Zusammenhang ‚Gesunder Mittelstand – Starke Wirtschaft –  Mehr Arbeitsplätze’ darf nicht verloren gehen“, erläuterte Stiftungsvorstand Petra Tröger. Anschließend bat der Bürgermeister den Vorstand der Oskar-Patzelt-Stiftung und die Ehrengäste der Veranstaltung um einen Eintrag ins „Goldene Buch“ der Stadt.

Pluspunkt Kultur

Nach einem nichtöffentlichen Programmteil am Nachmittag, einem Brainstorming der Oskar-Patzelt-Stiftung mit Preisträgern und Finalisten, präsentierte sich am Abend der Landkreis selbst den Teilnehmern aus den acht Bundesländern. Dafür reiste extra aus München nach einem anstrengenden Plenartag der Landtagsabgeordnete und Staatssekretär a. D. Franz Meyer an.

Im März wurde er im ersten Wahlgang bei vier Gegenkadidaten mit 66,69 Prozent zum neuen Landrat gewählt. Walter Taubeneder präsentierte die „Pluspunkte“ der Region: niedrigere Kosten als in Ballungszentren, Top-Investoren-Service, internationale Drehscheibe im Dreiländereck, engagierte, ausgezeichnet ausgebildete und hochmotivierte Arbeitskräfte, Lebensqualität einer Urlaubsregion, Flughafen, Golf, Heilbäder und breite Kunst- und Kulturangebote.

Dazu kam Dr. Wilfried Hartleb zu Wort, Kulturreferent des Landkreises und Autor des Buches zum Schloss Neuburg „Gartenschloss am Inn – Streiflichter zur Kulturgeschichte“. Auf Schloss Neuburg übernachteten auch die auswärtigen Gäste. Hartleb beleuchtete noch einen anderen Aspekt mittelständischen Engagements: die „Kultursponsoren des Landkreises Passau“ – ein Zusammenschluss mittelständischer Firmen, der die kulturellen Angebote im Landkreis finanziell unterstützt. „Aus der Erforschung der geschichtlichen Wurzeln Kraft schöpfen für die Gestaltung der Zukunft“ ist Hartlebs Lebensmotto. Das kann man verallgemeinern. Das gilt nicht nur für die Kultur im engeren Sinne, sondern für die Gesellschaft im Allgemeinen.

Wer an Gewerbeentwicklung, Arbeitsplatzentwicklung und regionaler Lebensqualität interessiert ist, der sollte die jüngere Geschichte von Vilshofen an der Donau im Landkreis Passau studieren. Hier zieht man wirklich an einem Strang.

Eintragung ins „Goldene Buch“ der Stadt Vilshofen an der Donau

Der Landrat des Landkreises Passau, Staatssekretär a. D. Franz Meyer (rechts)

Ingrid Lange (rechts) von der Indula GmbH aus Nieder­sachsen singt den Gastgebern am Abend ein musikalisches Dankeschön.

Mittelstand heißt Aufschwung. Überall. (Fotos: Simone Zießler, Fotostudio Nachreiner, www.nachreiner.eu)